Die Geschichte der Deutsch-Japanischen Gesellschaft
in Bayern e.V.
Am 23. Mai 1961 trafen sich fünf Deutsche und vier Japaner, um die Gründung einer deutsch-japanischen Gesellschaft zu beschließen. Das Datum war bewusst gewählt: 100 Jahre früher, am 24. Januar 1861 war im damaligen Edo (heute Tokyo) der erste Vertrag zwischen Japan und Deutschland unterzeichnet worden. Da Deutschland noch nicht als politische Einheit existierte, war es das Königreich Preußen, das diese Entwicklung vorangetrieben hatte.
Die neue Gesellschaft nannte sich „DJG in Bayern“, da sie die erste im Freistaat war, und obwohl die überwiegende Mehrzahl der Mitglieder aus München kam. Geplant war, zweimal im Jahr einen japanischen Kulturabend zu veranstalten. Die Gesellschaft wollte aber nicht nur Deutschen Japan näherbringen, auch die hier studierenden Japaner sollten betreut werden.
Japan war damals nur wenig bekannt. Reisen dorthin waren nahezu unerschwinglich, wirtschaftliche Kontakte zwischen den beiden Ländern standen noch am Anfang, und das Fach Japanologie an der Universität galt als eines der „Orchideenfächer“.
Das Angebot mit Vorträgen, Konzerten und Kursen wurde deshalb gerne angenommen. Am 21. November 1961 gab es bei der offiziellen Gründungsfeier im damaligen Völkermuseum eine kleine Ausstellung japanischer Handwerkskunst. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem heutigen „Museum 5 Kontinente“ und der DJG begann bereits damals.
1966 war ein Höhepunkt in der Kulturarbeit der Gesellschaft: Der hundertste Todestag des Japanforschers Philipp Franz von Siebold (1796-1866) diente als Anlass für verschiedene Veranstaltungen im Oktober 1966, an denen auch Nachfahren des Forschers teilnahmen. Siebold war in Würzburg geboren, sein Grab befindet sich aber auf dem Alten Südlichen Friedhof in München. Schon immer waren japanische Studenten dorthin gepilgert, um den großen Vermittler zwischen Japan und dem Westen zu ehren, nun wurden er und sein Leben auch Münchner Bürgern nähergebracht.
Die XX. Olympischen Sommerspiele in München vom 26.8. bis 11.9. 1972 boten eine großartige Möglichkeit, die Gesellschaft und ihre Arbeit bekannt zu machen, denn damals wurde Sapporo in Japan, der Austragungsort der Winterspiele, zur ersten außereuropäischen Städtepartnerschaft von München. Es war auch der Zeitpunkt einer großzügigen Schenkung: die bekannte Teeschule Urasenke in Kyoto schenkte dem bayrischen Staat bei dieser Gelegenheit ein originales japanisches Teehaus, das seinen Platz im Englischen Garten (hinter dem Haus der Kunst) erhielt. Ausstellungen im Völkerkundemuseum und im Haus der Kunst über den „Japonismus“, die Beeinflussung der europäischen Malerei durch japanische Kunst, waren große Erfolge.
1972 wurde München auch zum Sitz des ersten japanischen Generalkonsulats gewählt, das für Bayern und Baden-Württemberg zuständig war. Bis dahin gab es nur die Japanische Botschaft in Berlin.
Das Büro der DJG war bis 1981 im Deutschen Museum untergebracht, nun zog es an den Marienplatz Nr. 3, wo es sich bis heute befindet.
Zwei Jahre später konnte während der „Internationalen Gartenbau-Ausstellung“ auch ein eigener „Sapporo-Garten“ besucht werden. Reisen nach Japan waren inzwischen eher erschwinglich, und die Kunst der japanischen Gartengestaltung fand immer mehr Liebhaber in Deutschland. Dem trug die Gesellschaft Rechnung durch mehrere Vorträge über dieses Thema.
Das Dichten von Haiku wurde durch den neuen Präsidenten Günter Klinge bekannt. Er war ein Münchner Pharmaunternehmer und Mäzen der Universität wie auch der DJG. 16 Jahre lang förderte er großzügig die Arbeit der DJG. Noch heute gibt es innerhalb der Gesellschaft einen Haiku-Kreis, der aktiv Kurse anbietet.
Überhaupt gab es immer mehr Menschen, die inzwischen Japan besucht oder dort längere Zeit gearbeitet hatten. Nach ihrer Rückkehr wollten sie ihr Interesse an dem Land erweitern oder einzelne Aspekte vertiefen. Die Zahl der Mitglieder in der Gesellschaft stieg stark an, und auch zwei der Präsidenten hatten lange Jahre dort gearbeitet oder Japan häufig besucht. Japan war inzwischen allgemein bekannt geworden, die ersten japanischen Restaurants in München boten japanische Spezialitäten an, und junge Menschen begeisterten sich für Manga und Anime.
Das machte sich auch beim alljährlichen Japanfest im Englischen Garten bemerkbar, das es seit 1996 gibt, und das sich rasch einen festen Platz im Sommerkalender der Stadt München erobert hat: Ein Open-Air-Festval im Juli, auf dem sich alle Clubs und Vereine mit japanischem Hintergrund darstellen, die in München aktiv sind. Von Jahr zu Jahr steigt ihre Anzahl an, ebenso wie die der Besucher, die die Gelegenheit nutzen, Japan auf diese Weise kennenzulernen.
Die schnelle Verfügbarkeit von Informationen durch das Internet erwies sich nicht als ein Hindernis für die Arbeit der DJG. Im Gegenteil möchten viele Nutzer nicht nur einen kurzen Blick, sondern wünschen sich fundiertes Hintergrundwissen und ein breit gefächertes Angebot. Seit 2009 gibt die Gesellschaft alle zwei Monate für ihre Mitglieder ein Heft mit dem Titel Kaiho (gedruckt oder digital) heraus. Zuerst als Information über Veranstaltungen gedacht, hat sich sein Inhalt kontinuierlich erweitert. Heute werden auch Berichte aus erster Hand über Japan, Beiträge über Historisches oder neueste Erscheinungen in Japan aufgenommen.
2011 feierte die Gesellschaft ihr 50jähriges Jubiläum, 2016 wurde das 150ste Todesjahr von Philipp Franz von Siebold begangen. Die Gesellschaft brachte ein Gedenkbuch mit verschiedenen Beiträgen heraus, um daran zu erinnern, welch enge Beziehung zwischen dem Japanforscher und der Stadt München besteht. Ergänzt wurde es durch die neueste Veröffentlichung über eines der Hauptwerke von Siebold, die Flora Japonica, das Mitte des 19. Jahrhunderts in München entstand.