
Abwehrzauber und Glücksbringer
Anders als im Hinduismus oder Theravada-Buddhismus, wo die Menschen gute Taten vollbringen und Tempel u.a. unterstützen, um ihr „Punktekonto“ des eigenen Karma für die nächste Wiedergeburt aufzufüllen, geht es den Menschen im Japan mehr um diesseitigen Nutzen, genze riyaku 現世利益 genannt, verkürzt auch go-riyaku 御利益. Zur Wunscherfüllung gibt es mehrere Möglichkeiten.
Für große Dinge wie Hausbau, Hochzeit, Geschäftsgründung lassen Familien in →Shintô-Schreinen eigene Rituale durchführen, für →Begräbnisfeiern und Gedenkzeremonien sind dagegen fast durchwegs buddhistische →Tempel zuständig.
Für die alltäglichen Wünsche gibt es mehrere Möglichkeiten:
Amulette erhält man nicht auf besonderen Märkten (wie etwa in Thailand) sondern sowohl in Tempeln wie in Schreinen. Sie heißen o-mamori (お守り). Es handelt sich um kleine bestickte Beutel, die einen Papierstreifen, auf dem sich Kanji mit Schutzbedeutung befinden (o-fuda), enthalten, es kann statt Papier auch ein Stück Holz sein, oder im Falle eines Fruchtbarkeitsamuletts ein kleiner vergoldeter Penis. Es gibt sie als allgemeinen Schutz vor Unglück oder speziell für das Bestehen von Examen, zum Finden des idealen Ehepartners, zum Schutz vor Krankheit, für leichte Geburt oder schnellen Tod. Man „spendet“ zwischen 300 und 1000 Yen. Da Kultstätten keine staatliche Unterstützung (mehr) bekommen, müssen Schreine und Tempel in gewisser Weise geschäftstüchtig sein, um wirtschaftlich überleben zu können und gehen daher manch innovative Wege. Einig sind sie sich darin, dass die Wirkung der Amulette nach einem Jahr verfällt und man sie daher nach Neujahr zur Verbrennung zurück gibt und ein neues erwirbt. O-mamori sind auch beliebte →o-miyage.
Omikuji 御神籤, die in Schreinen und Tempeln erhältlichen Wahrsagezettel, sind sowohl Opfergaben als auch Orakel, die einem für unterschiedliche Anliegen kleines, mittleres oder großes Glück verheißen, im schlechtesten Fall kein Glück. Zieht man im Schrein oder Tempel eine Niete, knotet man den gefalteten Zettel an einen Ast oder eine andere Vorrichtung nebenan, und hofft so, mögliches Unglück abzuwenden, verheißt der Zettel Glück, bindet man ihn zur Erfüllung ebenfalls an einen Ast oder eine entsprechende Vorrichtung.
Ema 絵馬sind vergleichbar mit unseren Votivtafeln. Auf der Vorderseite ist ein meist farbiges Symbol des Schreins oder Tempels aufgedruckt, die Rückseite ist frei für Wünsche an den/die kami des Schreins bzw. die Schutzgottheit/-patronin des Tempels. An Schreinen, die für Examen bevorzugt aufgesucht werden, wie dem Yushima Tenjin in Tokyo, hängen sie zu Tausenden an den Gestellen.
Engimono sind Gegenstände, die der Wunscherfüllung dienen:
Die →Daruma-Figuren gelten auch als Glücksbringer. Hat man besondere Wünsche, malt man ein Auge schwarz, im Jindaiji in Tokyo macht dies ein Priester. Erfüllt sich der Wunsch, malt man auch das zweite schwarz.
Schutzgeistern in Gestalt von Schutz-und Glücksgöttern begegnet man in Japan auf Schritt und Tritt. Besonders häufig sieht man Standbilder der Kannon, Göttin der Barmherzigkeit, und des →Jizō, Beschützer der Kinder, Reisenden und gebärenden Frauen. Häufig sind Schreine der Sieben →Glücksgötter, die man vor allem in der ersten Woche des neuen Jahres aufsucht.