
Badekultur
Anders als bei uns, und besonders in der DDR, gibt und gab es in Japan keine Freikörperkultur, daher ist Nacktbaden an Stränden nicht gestattet und war auch nie üblich. Anders in öffentlichen und Thermalbädern, dort ist Nacktbaden vorgeschrieben, allerdings gibt es heute grundsätzlich unterschiedliche Bereiche für Frauen und Männer (→Bad). Frauen halten sich das Handtuch nach dem Entkleiden meist vor Brust und Scham, bis sie am Waschplatz sind; nach dem Waschen lassen sie es in der Plastikschüssel liegen. Männer benutzen es oft zum Bedecken der Scham, bis sie in das Becken steigen. Das Handtuch wird von manchen Männern gefaltet auf den Kopf gelegt oder bleibt am Beckenrand. Es kommt jedenfalls nicht ins Becken! In gemeinsamen Außenbecken (rotenburo 露天風呂) gibt es für Frauen eine Art Hülle zum Verdecken des Rumpfes (yokui 浴衣, genau so geschrieben wie Yukata).
Ausnahmen mit leider stark abnehmender Tendenz sind konyoku 混浴 genannte Bäder, in denen nach alter Tradition beide Geschlechter gemeinsam in das Thermalbecken steigen, allerdings heute manchmal durch eine „unsichtbare Grenze“ in zwei Hälften des Beckens getrennt. Als in der Meiji-Zeit prüde Ausländer mit diesen Bädern konfrontiert wurden, waren sie geschockt. Aus Angst, als primitiv eingestuft zu werden, verboten die Behörden daraufhin gemeinsames Baden. Damit ging diese uralte Tradition fast ganz verloren. Auf dem Land wurde das traditionelle gemeinsame Nacktbaden mancherorts, trotz gegenteiligen Einflusses puritanischer protestantischer, vor allem amerikanischer Missionare nach dem Krieg, bis heute beibehalten. Allerdings nehmen konyoku-Bäder stetig ab. Und so kommt es, dass das korrekte Verhalten (analog zu unseren Gemeinschaftssaunen) verloren gegangen ist. Frauen mögen es nämlich gar nicht, wenn man sie anstarrt. Männer, die im Becken reglos auf nackte Frauen lauern, werden wani ワニ Krokodil genannt.