Essen in Japan

Essen in Japan

Spätestens seit der →Yayoi-Zeit wird in Japan Reis angebaut; gekochter Reis (ご飯 go-han) ist das Grundnahrungsmittel und bedeutet zugleich Mahlzeit. Dazu kommen sowohl angebautes wie in den Bergen gesammeltes Gemüse und Fisch, Meeresfrüchte, Algen aus dem die Inseln umgebenden Meer, heute auch vielfach aus Farmen im Wasser. Fleischgenuss war im vorherrschenden Buddhismus bis nach Ende der →Edo-Zeit verboten (Wild wurde in den Gebirgen jedoch immer schon gejagt und gegessen). Rinder wurden nur als Lasttiere gehalten. Erst 1872 hob der Meiji-Tennô das Verbot auf, damit Nippons Kinder so groß und stark wie die Westler werden konnten. Huhn wurde vorher schon gegessen und im Südwesten Japans (Kyûshû und Okinawa) auch Schweinefleisch, was mit der Nähe zu China zusammenhängt. Milchprodukte kamen erst nach dem 2.Weltkrieg langsam in Mode, sind heute aber sehr beliebt, seit einigen Jahren zunehmend auch Käse. Durch unterschiedliche Arten der Fermentierung wurde Gemüse haltbar gemacht und dessen Nährwert noch erhöht. Frische der Zutaten, die leicht zu kochen sind und den Eigengeschmack bewahren sollen, jahreszeitlicher Bezug, Regionalität sind Charakteristika der wa-shoku (和食) genannten einheimischen Küche, die inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Der Nordosten (Tôhoku) der Hauptinsel Honshû war im 19.Jh. noch bettelarm, es gab immer wieder Hungersnöte. Hokkaidô war nur dünn von den →Ainu besiedelt, wurde erst ab der →Meiji-Ära wirtschaftlich entwickelt. Der heutige Überfluss an Nahrungsmitteln und die enorme Vielfalt der Speisen lässt vergessen, wie einfach die Ernährung noch vor etwas über hundert Jahren war.  Aber z.B. in den Tiroler Alpentälern war das damals auch nicht anders.

Chinmi 珍味lokale Spezialitäten und solche, die gut zu Sake passen und für eine Region charakteristisch sind Faktoren hinter der Vielfalt.

Faktoren hinter der Vielfalt

Neugier, Leidenschaft, Offenheit für fremde Einflüsse, Erfindungsreichtum, Experimentierfreude, auch Konkurrenz führen zu immer neuen Gerichten. Wie beim Kulturtransfer sind Japaner immer wieder bereit, Neues anzunehmen, an die eigenen Vorlieben anzupassen und es so zu etwas Eigenem zu machen.

Essen außer Haus

Esslokale spielen eine viel größere Rolle als bei uns. In Tokyo soll es 150.000 Lokale geben, das wäre eines für unter hundert Einwohner. Es gibt Dutzende von →Restauranttypen, dazu in den Städten jede Menge internationaler Lokale. Tokyos Restaurants haben mehr Michelin-Sterne gesammelt als Paris. Kein Wunder, dass Tokyo heute als Gourmet-Hauptstadt der Welt gilt, wobei Ôsaka ebenfalls für seinen Reichtum an Gastronomie berühmt ist.

Veränderte Essgewohnheiten

Die Verbesserung der Ernährung mit dem wirtschaftlichen Aufstieg nach dem Krieg und medizinische Fortschritte führten zu deutlich größerer Lebenserwartung als auch zu höheren Körpergrößen, wenigstens unter Männern (woran liegt es? Fleischgenuss? erhöhter Konsum von Milchprodukten wie Joghurt und Käse?). Traditionelle Japanische Küche fördert die →Gesundheit. Die jungen Leute müssen aufpassen, dass sie sich nicht zu sehr vom amerikanischen, auf Dauer gesundheitsschädlichen Fastfood beeinflussen lassen.

Essen im Alltag

Im Alltag decken sich die Menschen gern mit Fertiggerichten der Supermärkte und anderer Geschäfte, die solche anbieten, ein. Die Grundlagen Reis, eingelegtes Gemüse (Tsukemono), Misoshiru sind zuhause stets vorrätig. Im Grunde braucht man also nur etwas Gemüse und Fisch, und das Menü (teishoku) ist fertig. Nudeln sind heute genauso  beliebt wie Reis, der allerdings dank der Subventionierung durch die Regierung der teuerste der Welt ist. Im pro-Kopf-Reiskonsum liegt Japan denn auch nur noch an  44. Stelle, in der Produktion an 9. Stelle. Zum Frühstück wird auch zunehmend Toastbrot (→Shokupan) gegessen. Für Kinder und Ehepartner gibt es zum Lunch außer Haus gern →o-Bentô.

Snacks für unterwegs (tabearuki 食べ歩き)

Beliebte Snacks für zwischendurch sind o-nigiri (gefüllte, mit o-Nori umwickelte Reisdreiecke oder –bällchen), niku-man (gedämpfte, mit Fleisch gefüllte Klöße), dango (Spieße mit Kugeln aus Reismehl und Soße), Backwaren wie gefüllte Krapfen, z. B. kare-pan (mit Curry), an-pan (mit rotem Bohnenmus) und unzählige andere Varianten, die allgemein →kashi-pan genannt werden.

Heimisches Obst ist von hoher Qualität und wird sehr aufwendig kultiviert. Als Geschenkpackung ist es für unsere Begriffe teilweise extrem teuer. Das gilt vor allem für Netzmelonen (Galia-) oder Muskatellertrauben (Shine Muscat). Auktionen zu besonderen Anlässen erzielen astronomische Erlöse. Erdbeeren gibt es bereits im Winter, davor die sehr saftigen Mandarinen, im Sommer Pfirsiche; Kirschen (sakuranbo) sind eher selten und teuer. Im Herbst kommen die großen Fuji- und andere Äpfel, dazu Nashi (Birnen), dann Trauben, Melonen und Kaki auf den Markt. Im Gegensatz zu unseren Gewohnheiten wird Obst grundsätzlich geschält, das gilt gelegentlich traditionell selbst für Weintrauben. 

Qualität und Genuss vor Artenschutz

Der Genuss von Haifischflossen wird nie in Frage gestellt, auch nicht der Genuss lebender Fische oder Krabben. Der Qualität, Frische wird alles untergeordnet. Es heißt, dass die Haifischflossen aus Kesenuma stammen, einem vom Tsunami 2011 stark betroffenen Hafen, der u.a. auf Fang von Haien zum Verzehr spezialisiert ist. Stammen Haifischflossen wirklich nur von dort? Anders ist es mit dem →Walfang. Er wurde von den amerikanischen Besatzern nach dem Krieg als Proteinquelle für die Bevölkerung gefördert und ermuntert, aber heute ist das Interesse in der Bevölkerung nur noch gering. Die Regierung unterstützt jedoch nach wie vor die offenbar einflussreiche Lobby.

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