
Schrein 神社
Shintô-Schreine stehen an den schönsten Orten der Natur, am Meer, unter Wasserfällen, am Fuß von Vulkanen, auf den Gipfeln der Berge (wo bei uns Gipfelkreuze stehen). Die meisten Schreine sind sehr alt, nicht selten 1500 Jahre und älter. Die Gebäude dagegen sind selten so sehr alt. Die traditionelle Architektur sieht man am besten am Großen Schrein von Ise, der alle 20 Jahre zerlegt und nebenan im selben Stil neu aufgebaut wird, und das seit angeblich 2000 Jahren.
Seit der Abtrennung der Shintô-Schreine nach dem Ende des 2.Weltkireges auf Druck der amerikanischen Besatzer sind diese privatisiert und werden nicht mehr von den Gemeinden und vom Staat unterhalten. Da es keine Religionssteuer in Japan gibt, müssen sie sich also wie kleinere oder größere Unternehmen organisieren und präsentieren sich gern als „power spots“, Kraftzentren, die für bestimmte Anliegen besonders „erfolgreich“ sind, sei es Lotterien, Schwangerschaft, leichte Geburt, Ehepartner, Examen, Job, Genesung von Krankheit, kurz: für alle möglichen besonderen Bedürfnisse im Leben der Menschen.
Größere Schreine werden von Priestern geführt (→Shintô). Sie tragen weiße Gewänder mit hohen Hüten und eine Art Zepter, die bewusst an den kaiserlichen Hofstaat erinnern. Ihnen zur Seite stehen die als miko 巫女bekannten Schreinmädchen, bekleidet mit weißem kosode (Vorläufer des Kimono) und rotem Hakama, e inem traditionellen Hosenrock. Das lange Haar wird durch rote und weiße Schleifen zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Priester und miko vollziehen shintoistische Rituale, häufig geht es um rituelle Reinigung; miko führen Kagura-Tänze auf.
Gottesdienst im abendländischen Sinne findet nicht statt (s.u.). Man betritt nach der Reinigung von Mund und Händen am Brunnen im Gegensatz zu buddhistischen Tempeln für seine Ehrerbietung oder das Gebet nie das Schreingebäude, sondern bleibt vor der Gebetshalle stehen. Diese ist besonderen Zeremonien (s.o.) vorbehalten. Über dem Eingang in die Gebetshalle hängt häufig ein →shimenawa
Üblicher Gottesdienst (o-mairi):
Am →Torii, der die profane Welt vom heiligen Bezirk des Schreins abgrenzt, verbeugt man sich beim Betreten und Verlassen des Schreingeländes. Man soll den Torii an den Seiten durchschreiten, nicht in der Mitte. Dann geht man zum Reinigungsbrunnen (chozuya), gießt mit der Kelle etwas Wasser auf die linke Hand, spült den Mund aus, nimmt die Kelle dann in die linke Hand und gießt etwas Wasser über die rechte Hand (Frage: ist die Prozedur für Linkshänder gleich?), spuckt das Wasser vor dem Becken aus und geht dann zur Gebetshalle (haiden 拝殿), die vor dem eigentlichen Heiligtum (honden本殿) steht. Niemals berührt man verständlicherweise mit dem Mund die Kelle.
Man wirft üblicherweise eine 5-Yen-Münze in den Opferkasten. Dann macht man den oder die kami auf sich aufmerksam, indem man an einer großen Schelle zieht, verbeugt sich und klatscht je zweimal in die Hände, verharrt dann zu einem kurzen Gebet oder zur Ehrerbietung und verbeugt sich zum Schluss noch einmal. Auf Japanisch heißt die Formel: ni rei ni haku ichi rei (二礼二拍一礼).
In den größeren Schreinen kann man Amulette kaufen (das gilt auch für die buddhistischen Tempel) (→Abwehrzauber und Glücksbringer) oder man besorgt sich eine hölzerne Votivtafel (ema)mit dem Bild eines Schutz-kami o. Ä. und schreibt auf die Rückseite den geäußerten Wunsch. Wahrsagezettel (o-mikuji) verheißen mehr oder weniger Glück (kichi, chu-, dai-kichi) oder Unglück (kyo), in beiden Fällen bindet man sie zur Erfüllung oder Abwehr von Unglück an einen Zweig oder dafür vorgesehenes Drahtgestell.
Beliebt geworden ist auch das Sammeln von Stempeln (goshuin) in wie ein Leporello gefalteten Büchern (go-shuin-chō).
Neben Torii kennzeichnen der Reinigungsbrunnen, Laternen und eine Art Löwen neben dem Aufgang Schreine. Die traditionelle Schrein-Architektur ist rein japanisch, die von buddhistischen Tempeln wurde aus China eingeführt. Allerdings vermischte sich die Architektur von Schreinen und Tempeln im Verlaufe der Jahrhunderte.
Foto: Der Schrein Kumano Nachi Taisha, im Hintergrund der Nachi-Wasserfall.